Archiv-Vegelahn

Unter dem Harze - Nr.937-938: Faktor Georg Heinrich Blum von der Abgunst

Osteroder Kreis=Anzeiger
vom
Samstag, 18. Juni 1983
, von Friedrich Armbrecht
Tags
Firmengeschichte

Osteroder Kreis=Anzeiegr vom 18.06.1983 und 25.06.1983:

Er war in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts eine der interessantesten Unternehmergestalten unserer Stadt. Mit einflußreichen Osteroder Familien verwandt, wirkte er als fähiger Kaufmann für sich und die Allgemeinheit. Anhand des zur Verfügung stehenden Materials soll versucht werden, sein Leben nachzuzeichnen.

Herkunft und Familie

Georg Heinrich Conrad Blum wurde laut Urkunde vom 16. März 1812 (also zu westfälischer Zeit) am 9. März 1793 in Northen, Canton Northen, Distrikt Göttingen geboren. Als Sohn des Kaufmannes Friedrich Wilhelm Blum und dessen Ehefrau Sophie Louise Juliane, geb. Borkenstein stammte er aus einer angesehenen Nörthener Familie, deren Mitglieder als Apotheker und Kramer ab 1698 dort nachzuweisen sind, angeblich aber aus Frankfurt zugezogen sein sollen. Der Großvater Georg Wilhelm Blum wird in den Steuerlisten des Fleckens Northen als »Herr Cramer Blume« geführt, der 1761 das Haus Nr. 44, ein Brauhaus mit 2½ Morgen Land und einer Kuh, besaß. Zwischen 1748 und 1763 ließ dieser fünf Söhne taufen, nämlich 1748 Johann Georg Anton, 1749 Johann Conrad Ludwig, 1753 Johann Friedrich Wilhelm, 1758 Johann Christoph und 1763 Johann Gustav Siegfried.

Der Vater des Faktors war also der mittlere der Blum-Söhne, der später auch »von der Handlung« leben sollte. Dazu ging er zunächst von 1769 bis 1775 bei dem Kauf- und Handelsmann Johann Friedrich Rudolph Mithoff in der Königlich und Kurfürstlichen Residenzstadt Hannover in die Lehre, um dort die »Handlung mit allerhand seidenen und wollenen Waaren und was daran anhängig« zu erlernen.

Ausbildung und Beruf

Der Sohn Georg Heinrich trat in die Fußtapfen des Vaters. Von Johanni 1808 bis 1814 ging er bei Nicolaus Heinrich Lemcke ebenfalls in Hannover und auch auf sechs Jahre in die Lehre, »um die Material-Handlung zu erlernen«. Die Gehilfenbriefe von Vater und Sohn Blum sind beide erhalten geblieben und sehenswert, denn auch der jeweilige Lehrherr und die Krameramts-Vorsteher haben eigenhändig unterschrieben und gesiegelt. In der »Material-Handlung« des Kramers Lemcke hat Georg Heinrich Blum sicherlich auch den Umgang mit Tuchen und Stoffen erlernt. Ein Umstand, der ihn später befähigen sollte, eine eigene Tuchfabrikation zu beginnen. Zunächst wandte er sich aber einer anderen Branche zu. Ab 1814 (eine andere Quelle sagt ab 1813) wirkte er als Kaufmann und »Administrator« (Geschäftsführer) in der Bleiweißfabrik des Johann Friedrich Schachtrupp auf dem Scheerenberg. Zwei Jahre zuvor hatte dieser tüchtige Unternehmer seine Bleiweißfabrikation aus den Hintergebäuden des Stammhauses an der Ecke Martin Luther-Platz / Aegidienstraße heraus vor die Stadt verlegt. Nach der Fertigstellung des »Fabrikort Scheerenberg« 1812 lief die Produktion des »Osteroder Bleiweißes« erst richtig an und der Absatz des bald blühenden Unternehmens stieg stetig. Für Georg Heinrich Blum war es der Beginn einer steilen Karriere. Sein Dienstherr, der Berghandlungs-Faktor J. F. Schachtrupp, plante, sich nach Vollendung seines 50. Lebensjahres zur Ruhe zu setzen und begann deshalb 1819 mit dem Bau eines großzügigen Anwesens auf dem Lindenberg vor dem Neustädter Tor. Doch er sollte die Vollendung seines Altersruhesitzes nicht mehr erleben. Am 7. Januar 1822 schloß er für immer die Augen und hinterließ zwei minderjährige Söhne. Auf Blum kam unversehens eine große Aufgabe und Verpflichtung zu.

Vormund und Handlungsbevollmächtigter

Die Söhne und Erben des Fabrikanten und Oberfaktors waren Johann Georg Wilhelm Schachtrupp, geboren am 24. Dezember 1801 und Carl August Friedrich (Fritz) Schachtrupp, geboren am 20. November 1805. Obwohl Georg Heinrich Blum immerhin auch erst 29 Jahre alt war, muß er das uneingeschränkte Vertrauen des Verstorbenen und dessen Familie gehabt haben. Darüber gibt am besten ein Schriftstück Auskunft, das am 27. Februar 1823 in Anwesenheit von Bürgermeister Dr. Meywerth und Syndicus Seemann aufgesetzt wurde und wie folgt lautete:

»Am heutigen Tage erschien der hiesige Administrator und Vormund des von weiland Herrn Oberfactor Joh. Friedr. Schachtrupp allhier nachgelassenen Söhnen 1) Johann Georg Wilhelm und 2) Carl Aug. Friederich, Gebrüder Schachtrupp, so wie auch dessen ältester Currate (Mündel), Herr Georg Wilhelm Schachtrupp. Der Er-stere brachte vor: der verstorbene Herr Oberfactor Johann Friedrich Schachtrupp habe annoch bei deßen Lebzeiten, unterm 5ten Januarii 1822, sich vor zwey Mitgliedern des Magistrats dahin erklärt, daß, wenn er mit dem Tode abgehen würde, der Comparent Blum zum Vormunde für seine Kinder von ihm bestellt sey und sodann die Verpflichtung auf sich habe, daß ganze Geschäft des Herrn Oberfactor Schachtrupp in dem Maaße zu besorgen, zu betreiben, und betreiben zu laßen, wie solches Geschäft bis dahin bestanden habe und nunmehr benannter Herr Oberfactor Schachtrupp habe ihm solcherhalb ein jährliches Gehalt von 600 Rth in Golde bestimmt...«

Damit lag bei Blum nicht nur die Sorge für die minderjährigen (weil noch nicht 25 Jahre alten) Söhne des Erblassers, sondern auch die gesamte Verantwortung für das Unternehmen. Dazu setzte er sich mit aller Macht dafür ein, daß das sogenannte Faktoreiwesen für seine Mündel erhalten blieb. Eigentlich hätte er sich nur um das nicht gerade geringe Vermögen der Familie und der Firma kümmern brauchen, aber sein verstorbener Arbeitgeber hatte »auch als Factor Geschäfte für und namens der Berghandlungs-Administration in Hannover zu besorgen gehabt«. Geschäfte, die von diesem nur in seiner Eigenschaft als Oberfaktor getätigt wurden. Ohne Zweifel hätten diese nach dem Ableben Schachtrupps einem anderen übertragen werden können, doch Blum hatte sich an die Berghandlung gewandt und »von dieser die Verfügung erwirkt, daß die Factorey-Geschäfte fortwährend und bis zur weiteren Verfügung namens der beiden Schachtrupp Söhne betrieben werden können«. Blum gab bei der Verhandlung im Rathaus an, daß die Einkünfte daraus für seine »Pupillen« (Mündel) nicht gerade unbedeutend seien und jährlich mehrere tausend Thaler betrügen. Zwar könnten Umstände eintreten, wie etwa »im Fall niedriger Conjuncturen«, die Nächteile erbrächten, aber erstens berühre das nicht die Berghandlung und zweitens floriere das Geschäft bislang ganz gut. Sicherlich sorgte Blum in erster, Linie für seine Schützlinge und deren Interessen, aber er wäre ein schlechter Kaufmann gewesen, wenn er nicht auch an sich gedacht hätte. Deshalb trug er auch vor, die Königl. Berghandlungs-Administration habe ihm zu verstehen gegeben, daß ihm für seine Bemühungen eine jährliche Entschädigung zustehe. Deshalb bat er den wohllöblichen Magistrat - kraft dessen obervormundschaftlicher Autorität - ihm »ein billiges Gehalt zu bestimmen und festzusetzen«. Er dachte dabei an etwa zehn Prozent des Verdienstes (Gewinns) oder jährlich 400 Thaler. Damit war, wie dieser selbst versicherte, auch der älteste Schachtruppsohn einverstanden, denn er hatte Gelegenheit gehabt, sich über die weitläufigen Geschäfte selbst zu informieren. Darauf entschieden dann auch die Vertreter des Magistrats, daß Blum für die Dauer der Beauftragung ein jährliches Gehalt in der obigen Höhe zustehe. Er konnte dies seinen Mündeln je zur Hälfte in Rechnung stellen. Damit war bestimmt eine Regelung im Sinne aller Beteiligten getroffen worden. Vielleicht hatte Blum aber auch vorausschauend gehandelt. Wir werden es sehen.

Vermählung und familiäre Bindungen

Ein Blick in das Osteroder Bürgerbuch zeigt, daß Georg Heinrich Blum und Johann Georg Wilhelm Schachtrupp am Tage der geschilderten vertraglichen Vereinbarung Bürger der Stadt wurden. Ein anderer Umstand erklärt vielleicht noch mehr das ungeheuere Vertrauen, das die Familie Schachtrupp in Blum setzte: dessen Vermählung am 14. April 1824. Diese Eheschließung fand auf dem Scheerenberg statt, und zwar mit der Tochter eines der angesehensten Bürger, des Kaufmanns und Kämmerers Carl Friedrich Gottschick (1777-1824). Dieser war wenige Tage vorher verstorben, und es ist eigentlich nicht erklärbar, warum diese Vermählung mit Johanne Juliane (Julie) Dorothee Gottschick, geboren am 5. September 1800, beinahe überstürzt zustande kam. Blum's Schwiegermutter war die Schwester des zwei Jahre zuvor verstorbenen Scheerenberg-Gründers, nämlich Charlotte Dorothea Friederike Gottschick, geb. Schachtrupp (1775-1826). Diese bewohnte ein Haus in der Scheffelstraße, das sie am 7. 12. 1802 von ihrem Vater, dem Kaufmann und Oberfaktor Johann Georg Schachtrupp (1739-1801) geerbt hatte. Grundstücksnachbar war zunächst ihr Bruder, nun 1824 ihr Neffe Wilhelm Schachtrupp. Blum heiratete also die Cousine seines Mündels und Chefs. Eine Verbindung, die für ihn glücklich, aber auch zugleich einträglich sein sollte. Die verwitwete Frau Kämmerein Gottschick verkaufte nämlich am 16. Juni des gleichen Jahres ihrem Schwiegersohn das Haus für 2 000 Thaler, dazu drei darauf liegende Braugerechtigkeiten im Werte von zusammen 600 Thalern. Weder die Kauf summe noch Zinsen dafür mußten von Blum aufgebracht werden, da er das ganze als Brautschatz für seine Ehefrau betrachten sollte. Seine Schwiegermutter behielt sich zwar lebenslanges Wohnrecht vor, doch Blum war immerhin Hauseigentümer geworden, und das ohne einen Pfennig Geld! Noch im selben Jahr trat Georg Heinrich Blum in die Osteroder Gilde der Kaufleute und Kramer ein. Sein eigentlicher Aufstieg begann.

Glück und Unglück

Aus der Ehe Blum/Gottschick gingen fünf Kinder hervor. Doch kurz bevor bzw. kurz nachdem die junge Frau Blum von ihrem zweiten Kinde entbunden worden war, trafen die Familie zwei Schicksalsschläge. Zunächst verstarb am 6. April 1826 die Mutter bzw. Schwiegermutter des Ehepaares, Frau Gottschick, erst 50 Jahre alt geworden. Wenige Wochen später, am 27. Juni, brach abends 10 Uhr, während Blum nicht zu Hause weilte, am unteren Kornmarkt ein Feuer aus, das die ganze Postseite des Marktes, die Westseite der Scheffelstraße und die angrenzende Nordseite des Langen Krummen Bruchs in Schutt und Asche legte. »Darunter«, so schrieb Pastor Georg Max ins Taufregister von St. Aegidien, »das Wohnhaus des für Osterode so wichtig gewordenen Ober-Factors Joh. Friedrich Schachtrupp und das der Schwester desselben, der Cämmerin Gottschick in der Scheffelstraße . . .« Daß beide Genannten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lebten, will wenig besagen, die Umschreibung von Häusern konnte manchmal Jahre dauern. Noch viermal sollte es in jenem Jahr in Osterode brennen. Man verdächtigte sogar »Individuen« aus der Textilarbeiterschaft, die durch neue Spinnmaschinen bzw. durch eine Krise der Branche arbeitslos geworden waren. Gottseidank war dies aber wohl nur eine unbegründete Vermutung, und der Aufbau der niedergebrannten Häuser vollzog sich schneller als erwartet.

Auch Blum konnte auf Anteilnahme und sogar Hilfe rechnen. Am 2. Juli 1826 hatte er sein Unglück offenbar nach Hannover berichtet und die Antwort des Bergdrosts und späteren Kabinettsminister Franz August v. Meding von der Königl. Berghandlung kam postwendend. Er bedauerte, daß die bis in die Residenzstadt gedrungenen Gerüchte der Wahrheit entsprächen und schrieb weiter: »Wenn gleich nun ich aus Ihrem Schreiben an die Berghandlung sehe, ein eigentlicher Vermögens Schaden von Ew. Wohlgeboren sowohl als auch von H. Schachtrupp durch vorsichtige Assucurancen (Versicherungen) abgewendet ist, so kann ich mir doch die Alteration (Aufregung) nicht vorstellen, die es Ihnen muß gemacht haben, so plötzlich vom Feuer überfallen und verjagt zu sein ... « Er wünschte den Familien Blum und Schachtrupp weiterhin alles Gute und wartete im übrigen den persönlichen Bericht seines Sohnes ab, der sich wohl vor Ort informieren sollte. Gleichzeitig bot Meding an, daß der Haushalt von Düna (gemeint ist wohl die Domäne) behilflich sein könne, etwa in der Bereitstellung von Betten. Tatsächlich sah die Hilfe des Bergdrosts später noch großzügiger aus. Unter dem 1. November 1926 schrieb er an Blum, daß er dem Schafmeister Schirmer zu Düna aufgetragen habe, 1300 Taler in Gold für ihn, Meding, zu erheben und an Blum abzuliefern.

Das war freilich eine Hilfe, wie sie eigentlich nur unter Freunden üblich ist. In der Tat scheint Meding für Blum noch mehr bewirkt zu haben. Das bestätigt eigentlich die schon an anderer Stelle geäußerte Vermutung, daß zwischen Meding und der Familie Schachtrupp (und Blum) mehr als nur eine geschäftliche Verbindung bestanden haben muß. Es erklärt vielleicht umsomehr, warum die von Meding 1817-19 in Hannover errichtete Villa eine frappierende Ähnlichkeit mit der Osteroder Schachtrupp-Villa hatte.

Wilhelm Schachtrupp hatte nicht die Absicht, sein in der Scheffelstraße abgebranntes Haus wieder aufzubauen. Vielmehr setzte er den von seinem Vater begonnenen Neubau der Villa auf dem Lindenberg fort, denn der Rohbau hatte einige Jahre unvollendet gestanden. Das Grundstück in der Scheffelstraße verkaufte der junge Fabrikant nun an Blum, der daran dachte, auf dem vergrößerten Baugelände ein größeres und stattlicheres Wohnhaus zu errichten, was dann auch geschah. Pastor Max schrieb darüber: »... auf welchen beiden Stellen der Gottschicksche Schwiegersohn, Factor Blum, ein schönes Haus aufgeführt hat, da der älteste Schachtruppsche Sohn, der jetzige Ober-Factor Wilhelm Schachtrupp, nun das schöne Haus auf dem Lindenberge ausbauen und vollenden ließ«. Blum errichtete sein Haus vermutlich im Jahre 1827, denn noch heute finden im Hintergebäude, eben jenes Hauses Scheffelstraße 14 (heute Stadtbibliothek) die Initialen G Η Β 1827. Es ist heute noch ein schönes Haus, das bis 1908 im Familienbesitz blieb und als Wohngebäude diente. Erst danach wurde es von der Stadt erworben und als Luisen-Lyceum bzw. als Mädchenoberschule bis in unsere Tage genutzt.

Blum's Kinder

Es waren wie schon erwähnt fünf. Am 26. Februar 1825 wurde seine älteste Tochter Johanne Dorothea Louise Friederike in der Scheffelstraße geboren. Blum wird in der Taufeintragung Kaufmann und Administrator vom Scheerenberge genannt. Taufpaten für sein Kind waren der Großvater aus Northen, Kaufmann Friedrich Wilhelm Blum, die Großmutter, Kämmerin Dorothee Gottschick, die Oberfaetorin Louise Schachtrupp (geborene Pollmann und Witwe des Fabrikgründers), sowie Madame Johanne Lange zu Lauenrode (?). Zwanzig Jahre später, am 17. Juli 1845, wurde diese Tochter mit Carl Wilhelm v. Uslar, Königl. Hann. Amtsassesor in Einbeck, in der St. Aegi-dienkirche Osterode getraut. Uslar, am 31. Mai 1808 in Andreasberg geboren, war ein Sohn des damals schon verstorbenen Bergrats zu Goslar, Wilhelm Heinrich v. Uslar und dessen Ehefrau Antoinette Charlotte Dorothee, geb. Lunde. Blum's Schwiegersohn wurde später Bürgermeister in Einbeck, erwarb aber auch am 15. 2. 1866 das Bürgerrecht in Osterode.

Am 9. Juni 1826 wurde dem Ehepaar Blum eine zweite Tochter, Julie Sophie, geboren. Es war, wie schon berichtet, kurz vor dem verheerenden Brand und Taufpaten waren die Großmutter Julie Blum, geb. Borkenstein aus Northen, sowie der Kaufmann Günther Gottschick aus Auerstedt. Da beide nicht anwesend waren, wurden sie vom Großvater Blum aus Northen und Frau Sophie Born träger, geb. Kindernagel, die Ehefrau des Osteroder Apothekers, vertreten. Auch diese Tochter machte eine gute Partie. Sie heiratete am 16. Juli 1854, ebenfalls zu St. Aegidien, den Osteroder Amtsrichter Ernst Adolph Wuthmann. Dieser war am 19. Mai 1811 zu Dransfeld oder Moringen geboren und war ein Sohn des Moringer Bürgermeisters Johann Friedrich Wuthmann und dessen Ehefrau Conradine, geb. Buchow. Wie wir später sehen werden, war der junge Wuthmann danach Amtsrichter in Herzberg. Schließlich wurde eine dritte Tochter geboren, nämlich am 25, Januar 1828 Mathilde, Friederike, Henriette, Wilhelmine. Bei der Geburtseintragung wird Blum nur noch als Berghandlungsfaktor bezeichnet. Paten des Kindes wurden der Berghandlungsfaktor Wilhelm Schachtrupp, die Amtmännin Louise Friederike Ebell, die Demoiselle Henriette Blum (wahrscheinlich aus Northen) und wiederum die Apothekerin Sophie Bornträger. Mathilde Blum blieb später in Osterode und erbte auch das Haus in der Scheffelstraße. Am 20. November 1849 heiratete sie den aus Großschneen stammenden, aber in Osterode praktizierenden Dr. med. Ernst Friedrich Heinrich William Döring, Dr. Döring war ein Sohn des Hauptmanns Wilhelm Döring, zum Zeitpunkt der Eheschließung seines Sohnes (Steuer-)Einnehmer in Münden, und dessen Ehefrau Auguste, geb. Battermann. Dieser Blum'sche Schwiegersohn sollte bis zum Sanitätsrat avancieren und eine der populärsten Gestalten jener Zeit in Osterode werden. Sein Grabstein ist auf dem Friedhof erhalten.

Am 2. März 1830 wurde dem Berhandlungsfaktor endlich der sicher ersehnte Sohn geboren. Er wurde auf die Namen Friedrich Wilhelm Christian getauft, später zumeist aber nur Fritz genannt. Seine Paten waren die Bürgermeisterin Wilhelmine Sophie Magdalena Jenisch, geb. Westphal, der Oekonom Friedrich Schachtrupp und der Kaufmann Christian Leopold Blum aus Hannover. Fritz sollte der einzige Sohn bleiben.

Das fünfte Kmd, die Tochter Henriette Christiana Caroline Emilie Blum wurde am 30. März 1837 geboren. Taufpaten waren wiederum prominente Osteroder, nämlich der Doktor und Stadt-physikus Haarstick, Apotheker Carl Bornträger und Emilie Schachtrupp, geb. Klinge, die zweite Frau des Faktors und Fabrikanten Wilhelm Schachtrupp. Offenbar blieb diese Tochter unverheiratet, denn 1866 wird sie noch unter ihrem Mädchennamen Neubürgerin. Es spricht einiges dafür, daß sie dem Vater bis zu dessen Tode den Haushalt geführt hat. (Wird fortgesetzt)


Ernennung zum Berghandlungsfaktor

Über Blum's vorausschauendes Wirken war schon etwas gesagt worden, als es 1823 um die Wahrnehmgung der Faktorei-Geschäfte ging. Vier Jahre später sollte er die Früchte ernten. Ein Brief von Meding gibt darüber am besten Auskunft:

Hannover, 16. May 1827

Ew. Wohlgebohrn

gefällige Benachrichtigung, daß Ihre Vereinigung mit Herrn Schachtrupp, wie ich es gehofft und sicher erwartet hatte, zu Stande gekommen sey, hat mir recht aufrichtige Freude gemacht. Herr Schachtrupp ist gleichfalls so gütig gewesen, mir es zu schreiben, und es ist mir besonders lieb, in Ihrer beiden Ausdrücken zu finden, daß Ihnen beiden die Bezeugungen darüber vom Herzen gehen. Dies sichert die Dauer Ihrer Verbindung gewiß zu beider Wohl. Ich gratuliere Ihnen beiden daher recht herzlich.

Die Geschäfte der Berghandlung werden Ihnen gemeinschaftlich nun mehr sehr gern und mit dem vollen Zutrauen übergeben werden, daß Sie beide verdiehnen.

Das mir gefällig zur Ansich t mitgetheilte Original Ihres Übereinkommens gebe ich mit Dank hiebey zurück.

Mit freundschaftlicher Hochschätzung empfehle ich mich

Ew. Wohlgebohren gehorsamst Meding. «

Blum und Schachtrupp waren also übereingekommen, die Berghandlungs- oder Faktoresgeschäfte künftig gemeinsam zu betreiben. Beide wurden dadurch auch zu Faktoren ernannt. Während die Ernennungsurkunde für Wilhelm Schachtrupp nicht mehr erhalten ist, liegt die Bestallung von Georg Heinrich Blum im Original vor und lautet:

»Wir Georg der Vierte, von Gottes Gnaden König des vereinigten Reichs Großbritannien und Irland, p. auch König von Hannover, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, p. p. Urkunden und bekennen hiermit für Uns und Unsere Nachkommen an der Regierung, daß Wir dem Georg Heinrich Blum in Osterode die Gnade gethan und demselben den Character vom Berghandlungs-Factor beigelegt haben; Thun solches auch hiermit der Gestalt, daß derselbe sich diese Characters vom heutigen Tage an zu erfreuen haben und von Jedermann für Unseren Berghandlungs-Factor angesehen und geachtet werden solle.

Zur Urkunde deßen haben Wir gegenwärtiges Patent gewöhnlicher Maßen unterschrieben und mit Unserm Geheimen Canzlei-Siegel bedrucken laßen.

Geschehen, Hannover den 23.sten Junius 1827 Siegel

Kraft Seiner Königlichen Majestät allergnädig-sten Special-Befehls

Bremer - Meding - Ompstede

J. G. Fr. Renner erwähnt 1833 in seinem »Historisch-topographisch-statischen Nachrichten und Notizen von der Stadt Osterode am Harze« diese Tatsache und berichtet, daß die Königliche Berghandlung in Clausthal zur Absetzung ihrer Bergwerksprodukte des Ober- und Unterharzes in verschiedenen Städten des In- und Auslandes Faktoreien errichtet habe, so auch in Osterode. Gegenwärtig seien die Herren G. H. Blum und G. W. Schachtrupp als Berghandlungsfaktoren angestellt.

Ölmüller und Tuchfabrikant

Die Quellen berichten, daß Blum nur bis zum Tode des alten Oberfaktors Schachtrupp im Jahre 1826 Administrator, d. h. Geschäftsführer der Bleiweißfabrik war. Die Verwaltung des umfangreichen Schachtrupp'schen Vermögens durch ihn ist allerdings 1827 noch nachzuweisen. So fordert er am 10. Januar jenes Jahres »die Schachtruppschen Land-, Wiesen-, Gärten-und Teichpächter, ingleichen die Capital-Zins-Restanten« auf, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen, damit er sich nicht genötigt sehe, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Am 13. September desselben Jahres läßt er bekanntgeben, daß zwecks völliger Teilung des den Schachtrupp'schen Erben zugefallenen väterlichen Vermögens ein Haus auf der Unteren Neustadt verkauft werden soll. Ganz offensichtlich war die Erbauseinandersetzung der Brüder Schachtrupp damit gemeint. Wie wir wissen, fiel Wilhelm dem ältesten das umfangreiche Fabrikunternehmen zu, während sich sein jüngerer Bruder Fritz als »Oekonom« am Spritzenhausplatz ein stattliches Wohnhaus errichtete und von dort aus auch spätestens ab 1836 seine Land-

Wirtschaft betrieb, oder besser gesagt betreiben ließ. Am 31. März 1836 machte G. H. Blum bekannt:

»Vom heutigen Tage an, lege ich die Geschäfte als General-Mandator des Herrn Oeconom Fr. Schachtrupp nieder, und ersuche sonach alle Diejenigen, welche an gedachten Herrn Zahlung zu leisten oder solche von ihm empfangen, oder sonst irgend etwas mit ihm zu arrangieren haben, sich direkt an ihn zu wenden.«

Friedrich Schachtrupp bestätigt in einer sechsseitigen Aufstellung vom 4. Mai 1836, daß sein General-Mandator über sein Vermögen »gehörig Rechnung abgelegt« habe. Dies wurde von Stadtsekretär Brehl nach Prüfung mit Unterschrift und Siegel bestätigt. Welcher Beschäftigung ging Blum also jetzt nach?

H. D. A. Sonne berichtet in seiner »Topographie des Königreichs Hannover«, erschienen 1834 in München: »... die vorzüglichste Oelmühle ist die von H. Faktor Blum angelegte, welche nach holländischer Art angelegt ist... « 1845 wird die Mühle sogar als »Olfabrik« mit hydraulischer Presse und in großem Umfange« erwähnt. Betrieben wurde diese auf der Abgunst, einem ehemaligen Eisenhüttengelände. Wahrscheinlich schon ab 1574 bestand hier die Osteroder Hütte mit Rennfeuer und angeschlossener Blechhütte, 1669 wird auf der »Hütte von Osterode die Abgunst genannt« sogar ein Hoher Ofen betrieben, aber schon 1706 soll der Betrieb wegen Holzkohlenmangel eingestellt worden sein. Hier errichtete G. H. Blum 1838 auch eine Tuchfabrik, wahrscheinlich neben dem Betrieb der Oelmühle. 1845 heißt es, daß in der Tuchfabrik von Faktor Blum auf der Abgunst grobe und mittelfeine Tücher gefertigt würden und das Unternehmen mit viel Umsicht geleitet werde.

Die Erben

Es war Blum nicht vergönnt, mit seiner Gemahlin das Fest der silbernen Hochzeit zu begehen. 14 Monate vorher, am 31. Januar 1848 wurde seine Frau durch Lungenentzündung dahingerafft, erst 47 Jahre, 9 Monate und 26 Tage alt. Nun blieb ihm die Aufgabe für seine Kinder eine Existenz zu schaffen bzw. ihnen eine Versorgung zu sichern. Sein Hauptinteresse mag sicherlich dem Firmenerben und Nachfolger gegolten haben, umso bedauerlicher ist es, daß trotz intensiver Nachforschungen nichts über die Schul- und Berufsausbildung des Sohnes Fritz Blum herausgefunden werden konnte. Zwar taucht in den Schülermatrikeln unter dem 9. 12. 1834 ein Friedrich Wilhelm Blum(e) auf, aber beim zweiten Hinsehen bemerkt man, daß

es sich um einen am 2. 5. 1829 Geborenen handelt, dessen Vater als Faktor der Ostfeldischen Fabrik bezeichnet wird. Erst das Osteroder Bürgerbuch gibt wieder Auskunft über ihn. Am 9. März 1857 wird Friedrich Wilhelm Christian Blum Neubürger und als Fabrikant bezeichnet. Das ist genau ein Tag vor seiner Vermählung mit Louise Amalie Marianne Jaeger, geboren am 5. April 1833 in Göttingen, Tochter des Amtsrichters Carl Ludwig Christian Jaeger und dessen Ehefrau Sophie Philippine Amalie geb. Deichmann. Die Eheschließung fand in Göttingen statt und dabei wurde der Bräutigam als Fabrikant zu Osterode bezeichnet. Es ist anzunehmen, daß der Faktor Blum seinen Sohn zu diesem Zeitpunkt bereits zumindest als Mitinhaber eingesetzt hatte. 1863 lobte der Kaufmann Christian Leopold Blum in einem Brief an G. H. Blum (seinem Bruder?) dessen Sohn Fritz, weil dieser auf einer Ausstellung in Leipzig Preise errungen hatte.

Am 10. Februar 1861 traf Fritz Blum aber ein harter Schicksalsschlag. Seine junge Frau starb an der Schwindsucht und hinterließ ihn mit zwei kleinen Kindern, dem am 2. März 1858 geborenen Sohn Georg Heinrich Carl und der am 21. September 1860 geborenen Tochter Julie Sophie Friederike Emilie. Um beiden Kindern eine Mutter zu geben, heiratete Fritz Blum am 19. Oktober 1862 zu St. Aegidien erneut, diesmal als Bürger und Fabrikbesitzer bezeichnet. Seine zweite Ehefrau wrurde die erst zwanzigjährige Wilhelmine Caroline Johanne Emilie Uhl, Tochter von Johann Heinrich Eduard Uhl, Besitzer der Fabrik Eulenburg, und dessen Ehefrau Dorothee Wilhelmine Lucretia, geb. Hülsemann. Als künftiger Wohnort des Paares wurde angegeben: Fabrik vor Osterode.

Weitere fünf Kinder wurden in dieser zweiten Ehe geboren, aber nur zwei sollten das Kindesalter überleben, und zwar zunächst am 20. Dezember 1864 Mathilde Anna Lucretia Emilie. Ihre Paten waren die Tante Mathilde Döring, geb. Blum sowie die unverehelichten Damen Anna Jaeger aus Göttingen und Lucretia Uhi aus Osterode. Diese älteste Tochter aus der zweiten Ehe des Fritz Blum starb unverheiratet am 26. Oktober 1941 in Osterode. Erst am 19. Januar 1945 verstarb in Osterode die am 25. August 1867 geborene Agnes Louise Sophie Celine. Ihre Taufpaten waren die Tanten Louise v. Uslar, geb. Blum in Einbeck und Sophie Wuthmann, geb. Blum in Herzberg. Ferner die unverehelichte Agnes Uhi aus Osterode und die Witwe Celine Hemmerde, geb. Blum aus Hannover.

Die drei anderen Kinder waren: Helene Christine Lucretia, geb. am 23. Dezember 1863, verstorben am 19. März 1864; Wilhelm Johannes Fritz, geboren am 10. Juli 1866, verstorben am 27. September 1866 und Adolph Ferdinand Berthold, geboren am 19. März 1870 und verstorben am 17. April 1876.

Mit dem Tod des letztgeborenen Sohnes ging auch die Aussicht auf einen Firmenerben zu Ende. Der Faktor Georg Heinrich Blum hatte weder die Geburt noch den Tod dieses Enkels erlebt. Am 12. Dezember 1865 schloß er für immer die Augen; sicherlich in dem Bewußtsein, daß der Sohn das Unternehmen weiterführen und vielleicht zu neuer Blüte bringen würde. Fritz Blum, ab 1865 Besitzer von Fabrik und Anwesen, hatte den Betrieb auch schon weitgehend z. B. durch die Anschaffung einer Dampfmaschine modernisiert. Bis zur Annektion durch Preußen belieferte er die hannoversche Armee mit Uniformtuchen, danach aber setzten die Schwierigkeiten ein. Am 27. November 1864 mußte die Wollwarenfabrik G. H. Blum OHG Konkurs anmelden. Als 1887 die Adolph Richter'sche Tuch- und Buckskinfabrik an der heutigen oberen Hoelemannpromenade abbrannte, wurde die ganze Blum'sche Fabrik mit Walkerei, Färberei usw. wieder in Gang gebracht und dort bis in 1891 weiter fabriziert. Als auch dieses Unternehmen seinen Betrieb einstellen mußte, wurde die Spinnerei im Lohnauftrag noch einige Jahre für Greve & Uhi bzw. Fa. Friedrich Struve weiterbetrieben. Fritz Blum konnte diese Entwicklung wohl nicht ganz verwinden. Erst 62 Jahre alt, starb er am 31. August 1892. Seine Witwe Emilie Blum, geb. Uhi betrieb danach in diesem Anwesen Abgunst 24 im heilklimatischen Kurort Osterode ein Mädchenpensionat. Von ihren Töchtern Emilie und Agnes unterstützt, war dieses Etablissement bis zum 1, Weltkrieg ein Begriff in Osterode und Umgebung. Im Jahre 1919 waren die Gebäude und ihre Einrichtungen aber wohl nicht mehr zu unterhalten und die Familie entschloß sich, das gesamte Anwesen an Anton Piller zu verkaufen, der in diese Räumlichkeiten seine 1909 in Hamburg gegründete Fabrik für Elektromotoren und Ventilatoren verlegte. Gleichzeitig erwarben die Töchter von den Erben des verstorbenen Tuchfabrikanten Friedrich Greve das Grundstück Herzberger Straße 23. Dort verstarb am 2. Juli 1923 die Witwe von Fritz Blum im Alter von 81 Jahren. Die Töchter betrieben in diesem Haus noch 1935 ein Schülerpensionat und bewohnten es beide bis zu ihrem Tode 1941 bzw. 1945. Mit ihnen endete nach über 130 Jahren eine einstmals angesehene Osteroder Familie.

Quellen: Außer den bereits genannten, verschiedene Verträge und Briefe aus Blum'schen Nachlaß, für deren Überlassung der Verfasser Frau Ringleb, Kassel, dankt. Desweiteren Dank an Herrn Wenig, Eisdorf, für die genealogischen Angaben aus Northen und an Herrn Franz Schimpf, Osterode, für die Angaben zur Häusergeschichte.


siehe auch: Blum, Georg Heinrich Conrad

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